Sonntag, 28. November 2010

Unter Polen II

Da für London ein ganzes Wochenende geplant war und wir ja auch mal anständig was gestalten wollten, ging es am Samstagmorgen mit dem Bus Richtung Innenstadt.

Dort angekommen bummelten Mel und ich durch die Stadt und mir wurden die verschiedenen Gebäude und Sehenswürdigkeiten gezeigt.
London ist ja ein Mekka der Musicals, ähnlich New York und auch ein großer Spieleladen durfte nicht fehlen, in dem man nun auch passend zum neuen Film diverse Zauberstäbe der Protagonisten aus den Harry Potter Filmen erwerben kann. Zwischendurch aßen wir Nudeln in einer angesagten Nudelbar und Mel zeigte mir noch ihre alte Uni, die in einem sehr alten und schönen Gebäude untergebracht ist.
Auf dem Trafalger Square gab es dann schließlich noch eine feine Kundgebung zum Thema "Raus aus Afghanistan", der ich sehr belustigt beiwohnte, da die Kundgebenden allerlei dämliche Kommentare in die Menge megaphonten, ohne wirklich Sinn und Gehalt aufweisen zu können. So kritisierte man die britische Berichterstattung und auch, dass man nie verletzte Kinder im Fernsehen sehe und das der Krieg ja mit Steuergeldern finanziert werde. Wenn man sich aber unter dem Demonstrierenden dann umsah, gewann man leicht den Eindruck, dass sich diese Hippies bzw. Leute eher weniger über die Verschwendung von Steuergeldern beschweren dürften. Vielleicht höchstens, weil sich dadurch ihr Arbeitslosengeld nicht aufbessert.

Mit schmerzenden Füßen gingen wir zurück nach Hause, ich mit einem neuen Hemd und einer neuen Hose in den Taschen, weil ich das Levis Sonderangebot leider nicht ausschlagen konnte und mich unverhofft bei Mel in die Schulden ritt. Ich hab einfach nie Geld auf meiner brauchbaren Kreditkarte, da kann ich leider nichts für.

Unterwegs kauften wir dann noch ein wenig Bier, als Vorarbeitsgut für den kommenden Abend, welches wir dann beim Essen und ein paar Sponge Bob Folgen vertranken.

Für den Abend wollte Mel in einen Club, in dem einer ihrer Bekannten als DJ arbeitete und bei dem wir deshalb auf der Gästeliste standen.
Davor sollte ich noch in den Genuss von "Garlic & Shots" kommen, einer skandinavischen Restaurantbar, in der es allerlei Gerichte mit Knoblauch und auch den einen oder anderen Kurzen damit gab.
Mel veranstaltet für alle Neuankömmlinge in London ein Initiierungsritual, bei dem man einen sogenannten Bloodshot trinken muss, eine Mixtur aus Gewürzvodka, Knoblauch und Gewürzen, der im Grunde genommen nur scharfer, beißender Vodka ist und durch seine blutrote Farbe den Namen auch verdient hat.

Das Restaurant war nun nicht gerade ein Restaurant, welches man im Vorbeigehen einfach so betritt, aus Neugier oder etwas ähnlichem. Wir aßen Knoblauchburger und Knoblauchsteak, was beides sehr gut war und auf dem Weg hatte ich noch zwei Bier getrunken, bevor ich dann in den Keller gezogen wurde, wo die Shots angeboten wurden. Auf dem Weg dahin hatte ich bereits die Örtlichkeiten ausgekundschaftet, weil mir Mel erzählt hatte, dass einige ihrer Freunde nach dem Ritual schnurstracks auf die Toilette entschwanden, um das Gebräu dort besser zu verarbeiten. Mit meinem jugendlichschwachen Magen war ich ein wenig besorgt, da es auf der Toilette nur ein Becken gab und wenn dieses besetzt sein sollte, schwahnte mir doch böses.

Es kam, wie es kommen musste. Mel ordete einen Bloodshot, ein Bier und irgendetwas für sich, für stolze 9 Pfund und ohne lange zu überlegen, kippte ich den Kurzen herunter (ich hatte mir gedacht, wenn ich nun abwäge und Vor- und Nachteile aufliste, dann bin ich vielleicht so gelähmt, dass ich das nicht trinken kann und ich wollte vor den harten Kerlen im düsteren Keller keine kleine Muschi mimen). Nun rumorte Chili und Tabasco und alles mögliche in mir und mein Mund zog sich zusammen und ich fühlte mich durch das viele Essen eh schon ungut. Mel fragte mich andauernd nach meinem Befinden, aber ich konnte nicht antworten, da sich durch die Schärfe so viel Speichel in meinem Mund angesammelt hatte, dass ich befürchtete, gar Lamaartig das ganze Möbilar zu verspucken. Ich versuchte nun die Problematik mit mir zu lösen, aber dieses füllte nur weiter meinen vollen Magen und mir wurde unwohler und unwohler.
Schließlich setzte der Spuk aber aus und ich hatte ohne Kapitulation meines Magens ein weiteres Kapitel voller Heldentaten geschrieben und die Menge applaudierte johlend.

Voller Tatendrang begingen wir nun die Metro zum Purple Turtle, dem Club in dem wir nun Gästelistenkomfortabel einfach hereinkommen würden.
Natrülich standen wir da aber nicht, aber die nette Dame am Empfang erließ uns immerhin die Hälfte des Eintritts und drei Pfund sind dann doch sehr gemäßtigt.

Im Purple Turtle war es dann leider nicht so schön. Es wurde viel meiner Lieblingsmusik von großartigen Interpreten wie Rihanna oder irgendwelcher HipHop gespielt, aber es erinnerte mich doch sehr stark ans TigerTiger in Newcastle und irgendwo in meinem Kopf stelle ein Mensch die Frage, warum wir denn nun für soetwas nach London gekommen seien. Nicht grade unrecht, was der Mann da zur Debatte stellt, aber ich konnte doch nun nicht mehr entrinnen und versuchte durch herben Bierkonsum das letzte aus dem Abend zu retten, was denn da noch zu retten ging.
Zu meiner Freude gab es eine Treppe zu einem etwa drei Meter hohen Balkon mit einer Stripstange, von welchem ich zu meinen Untertanen mit übertriebenen Gesten tanzte und für allerlei Spektakel sorgte.

Mel brachte dann noch Unruhe in einen sicheren Abend, weil sie einen alten mehr oder weinger Bekannten traf, den sie vor drei Jahren irgendwo kennengelernt hatte und der scheinbar ein Augen nach ihr geworfen hatte.
Nun war der Knirps natürlich mit zwei guten Freunden da, von denen sich der Größere gleich mal zu mir gesellte.
Die folgende Unterhaltung sah dann so aus:

Großer: Bliblablubb (irgendetwas unverständliches)
Ich: Wie bitte?
Großer: Ufftataufftata (zuvor gesagtes, wieder unverständlich)
Ich: Alter, was gibts bitte?
Großer: ChingChangChong,Chinese im Karton (unverständlich wie immer)
Ich: Wenn du mit mir reden willst, dann sprich langsam und deutlich!
Großer: Ach du bist kein Engländer?
Ich: Du scheinst klug zu sein, oder?
Großer: Woher kommste denn?
Ich: (Voller Stolz und schreiend) GERMANY!!!
Großer: Magst du Fußball?
Ich: Was interessiert dich das?

Er geht von der Bühne und ich lache leise.

Was das Ganze nun sollte weiß keiner so genau und dann kam auch noch das Mädel im Bunde, die mir erklärte, dass das alles schlimm peinlich sei und ihr Freund sich nun mal für Mel interessiere und sie nicht wüssten wer ich bin. Doch anstatt mich das zu fragen oder einfach Mel zu fragen, ging auch sie und ich holte mir ein Bier.
Mel kam dann dauernd angewirschtelt und jammerte wie schrecklich dieser Kerl doch nun sei und dass ich doch bitte was tun sollte, damit er ihr vom Hals bleibe.
Ich holte mir daraufhin noch ein Bier.
Als wir dann später in der Menge nahe dem DJpult tanzten, weil  Mel irgendwas zu ihrem Bekannten sagen wollte, kam auch der Knirps mit seiner Meute und begann, zu tanzen, quasi eine Person neben Mel. Ich sah, dass sie ihn sah und statt zu gehen oder sich woanders hin zu bewegen, tanzte sie weiter. Aha, dachte ich mir. So also, junges Fräulein. Kann ja dann so arg auch nicht sein und holte mir ein Bier, damit die beiden Turteltauben ungestört alleine rumspacken können.

Mels Bekannter sorgte noch für Kurzweil, weil er der guten im Vorbeigehen den BH öffnete, was mit Lichtgeschwindigkeit passierte und mich zu ihrem Ärgernis dann doch sehr erheiterte.

Der Abend endete mit einer halben oder ganzen Stunde in der Arscheiseskälte, wo wir auf den Bus warteten, der uns dann nach Hause fuhr.

Nicht gelungen, aber Newcastle war in London selten so fern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen