Sonntag, 6. März 2011

Bulletproof

Krach! Wut! Schaub! Todes!

Gestern hatte all das wochenlange Training des Daheimsitzens und Alleinevorsichhintrinkens dann endlich einen Sinn. Wir gingen auf die Pirsch. Abrocken. Absteppen. Abdancen oder wie der Jugendliche da heutzutage dazu sagt. Später am Abend ging ich dann auch noch Abdanken.

Der Organisator, also ich, hatte wieder alles in feinster Arbeit über die Woche hinweg geplant. Das mag man dem Deutsch sein nun wieder ans Bein stellen wollen, aber die anderen bekommen es nicht gebacken, dass sich vier Leute zu einer Zeit an einem Ort treffen. Das muss dann wieder ich übernehmen, aber ich tus gern, weil sonst sitz ich ja nur weiter daheim und treibe Dummsinn.

Lena, unser freundliches Mädel aus dem Ostblock, wurde da auch gleich mit eingespannt und recherchierte verschiedene Feten und Dinge aus dem Internet heraus, die sie mir anhang einer Flipchart erklärte. Zur Auswahl standen demnach etweder das Cut, wo an diesem Abend Electrogedüdel sein sollte oder aber die o2 Academy, wos RocknRoll gab.
Hier gab es nun logischerweise eine klare Tendenz, aber ein Blick auf die Aushängetafel der Academy enthüllte dann Verzückung auf meinem Gesichte: 1,50 Pfund für ein Bier bis 12 Uhr ... das war man ja durchaus schon mal gewohnt. Gewöhnlich treiben die Barschweine die Preise dann wucherartig, bambushaftschnell in die Höhe. Napping nennt man das. Mit Billigangeboten reinlocken und dann abzocken. Aber dieses Mal nicht ... der Preis ging nur auf 1,80 nach oben und dann auch noch für ein Carlsberg. Das kann man immerhin trinken! Auch der Rest war den Abend über günstig, so dass wir uns um die Mädels ohne Bierlust keine Gedanken machen mussten.
Auch für eine Vorparty war gesorgt, da die Academy erst um 11 ihre Pforten für normales Volk öffnen würde. Davor spielten noch die ekligen Wombats, die keiner mögen kann, der auch nur ein Fünkchen Anstand und guten Geschmack mitbekommen hat.

So trafen wir uns überpünktlich in der Stadt und liefen in der Eiseskälte zum Pub mit dem klangvollen Namen "Hund und Papagei". Da hatte jemand dann wohl sehr viel Kreativität bewiesen oder zum Schwein, Esel, Pferd, Löwen, Adler, usw. sind in Neukassel alle schon copyright-technisch vergeben. Kann ja auch sein.
Wir waren in diesem Fall Graham, Maria, Costa/Kosta, Lena und ich. Die Gruppe hat in letzter Zeit durch Abwesenheit von Jon und Alex gelitten und Connor, Bo, Vasi und Rosie beantworten einfach so spärlich SMS, dass ich da nix mehr schreib. Ich kauf ja auch keine neuen Reifen, wenn ich gar kein Auto hab.

Auf dem Weg zum Pub erfuhr ich die schreckliche Geschichte, dass unser Lieblingsschwule Charly, der lustige chinesische Geselle, der sich vor allen immer outen muss, in der Kirche zum Gebet war. Dort schloss er gottesberührt seine AugenSCHLITZE und murmelte ChingChangChong, Chinese im Kartong, um mit dem großen Oberguru da oben ein paar Takte zu wechseln. Und während der gute Mensch einen Draht zu Gott zu finden versucht, moppst ihm doch jemand einfach seine Tasche. In der Kirche!! Kann man sich das mal vorstellen? Ich will nicht wissen, was da dann beim jüngsten Gericht auf einen zukommt. Ich habe ja Graham in Verdacht, weil der mit 16 Lenzen auf dem Friedhof gesoffen hat, die respektlose Sau. Dem trau ich mittlerweile echt alles zu. Auch alten Damen den Rollator zu klauen. Oder englischen Mädels die Unterhosen. Vielleicht ist auch das der Grund, warum hier alle ohne Schlüpfer rumrennen ... Graham klaut die immer.

Im Papageienhund war es SEHR laut und SEHR voll. Die Musik war als solche nicht schlecht, aber ich hab Probleme Englisch bei einer zu hohen Lautstärke richtig zu verstehen. Das geht zum Glück den anderen Ausländern hier genauso, aber im Deutschen kann man halt aus 3 Wörtern immer noch den Sinn des Satzes erahnen. Das geht hier einfach nicht mehr. Zum Glück wurde die Musik im Lauf der anderthalb Stunden auch leiser. Von Lena erfuhren wir, dass sie sich nicht vorstellen kann, wie die Leute aus ihrem Kurs tanzen. Na das weiß sie nun ganz genau. Dafür hab ich zumindest mehr Grund gegeben als notwendig.
Die Biere im Pub waren teuer und so gönnte ich mir sparsam nur zwei und war von Fifa11, welches als Vorschau auf einem Fernseher lief ganz gebannt. Schön wars, mal in einem Pub an einem Samstagabend zu sitzen, wo nur jede dritte Frau wie eine Nutte aussieht. Ich mein, ich hab genug Pornos gesehen in meinem Leben. Das faszniert oder schockiert mich alles nicht mehr. Aber so billige und niveaulose Gestalten überall heben ja auch nicht die Laune und ich prüfe immer wenn ich mich wo hinsetze, ob nicht grad eine irgendwas auf den Sitz gesaftet hat. Man weiß ja nie, ob die hier was drunter haben!

Wir gingen früh zur o2, weil wir eine lange Schlange vermeiden wollten und so waren wir auch eine der ersten Gästegruppen. Mit uns waren vielleicht 15 Leute bisher anwesend und das sollte sich auch im Lauf des Abends nicht exponentiellst verändern.
Ich legte erstmal mit einem JackCola und einem Bier los, Plan A war abschießen und zwar Raketenstartmäßig und wir hingen lässig an einem Stehtisch herum und schrieen uns über die Musik hinweg an, um nicht total seltsam und introvertiert herumzustehen. Maria packe zur Freude aller auch ihre Kamera aus und es geschahen wieder die üblichen Bilder, die dann nachher wieder alle auf Facebook zu bestaunen sind und wo sie bei mir immer, ja wirklich immer, den guten Gesichtsausdruck präsentiere, weil ich denke, dass das Bild schon im Kasten ist.
Zwischendurch vertraute ich mich Graham an und erzählte ihm von meiner Angst, Lieder hier nicht mitzusingen, weil ich teilweise Textpassagen nicht kenne und mich vor Muttersprachlern nicht blamieren wolle, nur weil ich dann irgendwas singe, was sich so ähnlich anhöre. Graham machte mir Mut, weil er mir sagte, dass der Durchschnittsengländer an einem Abend mit Musik eh soviele Pint im Blut habe, dass ihm das gar nicht auffalle und es diesem beim Singen dann eh genauso gehe.

Nun befreiter zog ich mit dem Bier ein wenig an und war kurze Zeit später ein springendes, singenes, volles Spaßbündel und ich glaube, dass das der erste Abend in Newcastle war, wo ich so richtig aus mir raus gefeiert hab und ich richtig viel Spaß hatte. Gut ... die Pints haben da vielleicht auch geholfen, aber irgendwie wars richtig nett und wenig Leute da, so dass man sich nie an die Bar drücken oder drängen musste.

Auf dem Weg zur Toilette wurde ich noch in die übliche "wow, sag mal wo kann man eine rote Hose wie diese kaufen"-Unterhaltung verwickelt. Das geht mir wirklich jeden Abend bisher so. Sobald ich das Teil anhabe, spricht mir jemand drauf an. Das ist nicht immer ein Kaufinteresse, aber es fällt jeden Abend irgendwas dazu. Muss auch total spannend sein, wenn man sowas noch nie gesehen hat. Bin halt ein Großstadtjunge. Da tragen sowas alle. Ausnahmslos.

Draußen vor der Türe beim Rauchen machte ich dann noch ein feines Geschäft. Ein Süchtling wollte unbedingt Zigaretten von mir haben und bot mir doch, statt zu schnorren, glatt drei Pfund für zwei der Sündenstangen an. Klar sage ich da nicht nein, gings doch um Geld.

Nach zwei Uhr wurden wir dann allesamt des Ladens verwiesen.
Das war rückblickend wohl nur gut so, weil ich bereits mit dem Gedanken gespielt hatte, mir noch ein kleines Scheinchen aus dem Automaten zu lassen, um noch ein bisschen mehr Bier zu trinken. Ausgehend von meinem heutigen Befinden, hätte mich das wohl um alles Bier gebracht. Auf einen Rutsch. Wenn ihr versteht.

Kosta und ich suchten dann nach einem Taxi und ich sagte irgendwas von "Ich hätt ja grade Lust irgendwen zu verhauen". So gehts mir halt manchmal. Da bin ich gemein und dann soll eben irgendwer eine drauf bekommen. Das ist noch Evolutionsgut von den Jägern und so. Tiere sind wir alle! Tiere in Anzügen! Costa erwiderte, dass es ihm oft auch so ginge (Huch, welch Überraschung bei dem grimmigen Gesichtsausdruck haben natürlich auch alle was anderes erwartet). Er sei nun aber mit 78% zu betrunken, um sowas noch durchzuziehen. Ich fühlte mich 80% betrunken, so dass ich nur bejahte, was er gerade gesagt hatte. Wir fanden ein Taxi, zwischendurch fühlte sich Kosta nur noch 77% betrunken und wir sagten uns Lebe wohl! und gingen unserer Wege.

Muss eben nächste Woche jemand dran glauben.

Donnerstag, 3. März 2011

Bankenkrise in England

Die Bankenkrise hat die Welt in vollen Zügen erwischt. Doch gerade das Inselkönigreich ist seither getroffen, wie keine andere Nation. An allen Ecken und Enden hakt, zieht, juckt und beißt es.
Deutschland sei das Land der Bürokratie sagen sie, die anderen. Doch gerade der mutige Mensch, der in die Welt hinausgeht und seine Augen offen hält, der entdeckt den Schimmel und Schmutz der anderen immer zuerst.

Meine Reise durch die Welt der Konten und Transaktionen ist eine Marter, wie sie wahrscheinlich nur Jesus Christus oder aber Frauen erlebt haben, deren Mann sie mit einem Penis betrog. Viele Tränen habe ich in meine Laken vergossen, seit ich hier versucht habe, Geld sinnvoll oder wenigstens irgendwie anzulegen und jeder weitere Stein ward größer und größer, als der davorige.

Anfang des ersten Semester wollte ich ja einfach nur ein Konto. Einfach etwas, wo ich Geld lassen kann, wo ich mal einen Notgroschen abheben kann oder irgendwo mit meiner Karte zahlen, wo ich Geld deponieren kann, damit meine monatliche Handyrechnung beglichen wird, wo ich Geld ablegen darf, damit Amazon mir die Waren zuschickt, die mein Kommerzherz so dringend zu benötigen scheint.

So entschied ich mich für die spanischen Hunde der Santander, weil die wie die Northern Rock Bank ja wenigstens keine drei Wochen zur Prüfung veranschlugen und weil ich da auch nur einen Brief der Uni zur Bestätigung und meinen Ausweis brauchte. Die Karte kam trotzdem erst nach zwei Wochen. Prahlen kann die Bank auf Papier mit Allerlei Schnickschnack für Studenten, wie zum Beispiel einer kostenlosen Versicherung des Laptops und zwei anderen elektronischen Geräten. Das gildet aber nun natürlich nur für Inlandsstudenten und auch bei diesen stellt sich die Frage, warum die auf einmal ein neues Konto brauchen, wenn die doch eh schon hier leben. Zumal ich als Ausländer bei der Santander dann auch noch 5 Pfund für die Kontoführung berappen musste.
Aber ich war jung und brauchte das Konto, das hab ich ja schon in meiner Odyssey zum neuen Handy beschrieben.

Nun war ich aber nicht doof und dachte mir: "Wenn das so eklatante Wichsschweine sind und dir pro Jahr 60 Pfund abknöpfen für nix und wieder nix, dann schlägst du denen ein Schnippchen und erkundigst dich, was die anderen Banken so können. Aber denen von Santander sagst du lieber mal natürlich nix, damit sie der Schock trifft, wenn du denen dann sagst, dass sie dich mal können. Aus ihren Büchern streichen nämlich!"
Nun fragte ich mich, durch meinen akademischen Intellekt gestärkt, durch die Freunde und erfuhr, dass die Hallifax wohl eine gute Bank sei.

Also dort zur Filiale gestiefelt und nachgefragt und nun wollten die WIEDER eine Rechnung oder ähnliches, damit auch klar wird, dass ich nicht behaupte ich würde wo wohnen, ohne dort wirklich zu wohnen. Ausweis alleine reicht natürlich nicht. Man will ja immer ein bisschen extra.  Nun ging aber bei mir nur eine Rechnung von Amazon ein, aber das ginge auch nicht. Das müsse was offizielles sein, wie denn eine Gasabrechnung oder eine Bestätigung von Santander, die mich als Kunden ausweist und meine Adresse beinhaltet. Nun stehe ich halt auf keiner der häuslichen Abrechnungen, weil das mal lieber die Briten hier machen bei mir im Hause und dann rief ich eben laut Santander an und beauftrage eine Bestätigung per Telefon. Weil, das kann man sich nicht in der Filiale einfach mal ausdrucken lassen. Nein, nein, sowas gibt es nur telefonisch aus der Zentrale. Ist klar, dann haben die Clowns am Telefon auch mal was zu tun und dann dürfen die mal was drucken. Das freut die bestimmt und malt Regenbogen in deren Tristen Alltag, welcher sonst nur von Telefonbeschwerden und Anthrax-Briefen gezeichnet ist. Nun eben vor den Weihnachtsferien angerufen, Brief sollte in zwei Wochen dann da sein, inklusive einer Bestätigung meiner Personalien.
Nach den Weihnachtsferien nix im Kasten. Hat wahrscheinlich der Schnee verweht oder der Postbote ist von Wölfen oder Aliens gefressen worden. Alles ganz plausible Gründe für das Nichterfüllen eines so hochkomplexen Vorgangs.

Als ich dann eines Mittags beim Friseur war und danach nichts mit mir anzufangen wusste, begab ich mich in die Filiale vor Ort in meinem Viertel und auf einmal hatte ich innerhalb von 15 Minuten ein neues Konto. Auch der Wechsel von Santander zu Hallifax sei keinerlei Problem, versicherte mir die Servicekraft. Das Papierwerk würden sie übernehmen und alles regeln, so dass mein Konto auf die neue Bank umgeschrieben werde und damit dann auch das Geld vom einen aufs andere Konto käme. Der Konjunktiv ist hier natürlich nicht zum Spaß versteckt. Ich solle dann auch irgendwann mal 100 Pfund einzahlen. Damit werde das Konto dann freigeschaltet. Damit warte man am besten, bis Karte und PIN daheim eingetroffen seien, so die weiteren Anweisungen vom Fach. Nur meine Telefongesellschaft müsse ich selber benachrichtigen, was ich auch getan habe und das ging reibungslos. Reibungslos ist ein schweres Wort im Land der Affen auf der Insel.

Wer sich jetzt nach allem Hin und Her noch fragt warum, der bekommt auch nun noch die Antwort:
Natürlich gab es keine Karte. Man muss 100 Pfund DAVOR einzahlen, weil damit erst derVorgang der Aktivierung eingeleitet wird und erst DANN bekommt man die Karte zugesendet. SuperMario kann auch als kleiner Mario eine Feuerblume zu sich nehmen und wird weiß und verschießt Bälle ohne den lästigen Zwischenschritt des Pilzes. Bei Banken sieht das eben anders aus, ist ja kein Videospiel die normale Welt. Nur manchmal bei Massaker, wenigstens für die Täter eine Weile. Aber das ist ja eine andere Geschichte.
Natürlich musste ich auch noch mein Konto bei Santander kündigen, weil das natürlich NICHT einfach umgeschoben wird. Dass ich noch so naiv-leichgängig bin, liegt nur an meiner südländischen Mentalität.

Das Auflösen des Kontos ging dann aber logo einfach innerhalb von zehn Minuten von Bord. Weil, wenn man den Engländern den Rücken zukehrt, dann werden die schnell zickig und wenn man nix mehr von denen will, dann geht auf einmal alles ratzo-fatzi.

Mein anschließender Besuch bei meiner neuen Bank trieb mir dann gleich mal die Hoffnung in die Augen ... Kleingeld einzahlen darf ich hier nämlich nur in kleinen Plastikbeutel, maximal fünf pro Tag und ich darf immer nur genau die Anzahl der dort aufgedruckten Münzen in das Beutelchen stecken und ja nicht mischen ... sonst warte ich wahrscheinlich wieder drei Wochen bis irgendwas passiert.

Ein Hoch auf die Bürokratie der Banken. Wir hoffen ein Sicherheitspaket, europaweit, macht dem Scheißdreck mal den Prozess.