Montag, 22. November 2010

Unter Polen I

So, Kinder. Bevor euch nun die Socken brennen und mancher schon anrufen wollte, weil ich mal kein Internet hatte und weg war, folgt nun hier die Auflösung:

Also ich hatte seit ungefähr Mitte der letzten Woche kein Internet mehr. Wir hatten Internet bei o2 bestellt, aber wenigstens da hält sich o2 an die internationale Corporate Identity und liefert einfach mal zwei Monate lang kein Internet. Uns fiel das gar nicht so auf, weil uns Virgin lange Zeit nicht das Internet abgestellt hatte und da saßen wir dann mit dem Internetsalat. Ich hatte spaßeshalber noch eine Gruppenarbeit rumzusenden und so saß ich abends in der Küche und stahl heimlich das Internet vom Nachbarn, so dass ich in den Phasen, wo wir Verbindung hatten, schnell eine Email in den Äther schicken konnte.

Am Freitag besprang ich dann gleich nach meiner Vorlesung den Zug Richtung London. Mel wollte ein Wochenende daheim verbringen und hatte mich eingeladen "damit ich das richtige England sehe". Meine liebe Mitbewohnerin ist insgesamt ein wenig ... ich möchte mal sagen "kritisch dem Norden gegenüber eingestellt". So solle ich mir beispielsweise nicht die Haare in Newcastle schneiden lassen. Weil das dann automatisch schrecklich aussähe. Genauso gibt es hier eine schon gar nicht mehr latente Tendenz dazu, dass Northerner immer bescheuert und schlecht angezogen aussähen und sich leicht tierisch verhalten würden.
Nun war ich also gespannt wie ein Katapult, was mich da in London so erwarten würde und lönzte erst mal runde 100 Euros auf die Theke, damit ich überhaupt hin und zurück kam.

Ich würde bei Mel zuhause mit ihren Eltern und ihren beiden Geschwistern wohnen. Die Eltern kannte ich ja schon. Beides Polen und die Kinder damit auch alle. Mel hatte mich im Vorfeld schon darauf vorbereitet in dem sie mir erklärt hatte, warum sie nie auf den Malediven, wo sie ihr Praktikum absolviert hatte, leben könne: "Dort gibt es nur den Islam, alle anderen Kirchen sind ebenso wie Schweinefleisch, Alkohol und Pornografie verboten. Wie soll eine Polin ohne Vodka und Schwein auskommen?"

Wie es sich für mich gehört, fuhr ich standesgemäß in der ersten Klasse nach London. Dies war nur dem Zustand geschuldet, dass das Ticket für die zweite Klasse sogar teurer war, als für die erste. Also ab und mal ein bisschen protzen.
In London angekommen, schlug ich mich erst mal bis zum Museum der Naturhistorie oder Naturgeschichte oder wie auch immer durch, wo ich Mel und ihre Freunde traf. Mel hatte einen früheren Zug genommen, nur als Erklärung für das alles.
So wurde ich dann in London mit einem falschen Ausweis durch den Hintereingang des Museums ins Labor bzw. die Arbeitsräume geschleust, wo wir billigen Wein tranken und ich ein paar muffige Hippies aka. Mels Arbeitskollegen von damals kennenlernte. Dazu bekam ich eine Führung durch die Arbeitsräume, wo die Ausstellungsstücke für das Museum entweder hergestellt oder aufbereitet werden. Also Repliken vom Archeopteryx und solche Scherze.
Ich hätte da gerne eine Feile gestohlen, für meine Feinstarbeit an kleinen Dingen, aber das haben wir in der Eile irgendwie vergessen, so dass ich hier eine teure kaufen muss. Das ärgert mich, aber ich werds sicher überleben.
Nachdem wir dann eine Weile im Aufenthaltsraum des Museums versackten und ich derweil die Warnhinweise las und warum man in diesem Bereich besser keine Essensreste liegen lässt und Kakerlackengefahr und so weiter, begaben wir uns in die Bar einer Uni, wo wir so taten, als würden wir zu denen gehören und ich damit durchkam, weil ich so schneidig und studentisch aussehe. Bier war günstig, Mels Freunde gaben mir Ziggis und mir ward geholfen.
Andegüdelt gingen wir nach Hause, wo ich dann Aimee Rose und James kennenlernte. Die Mutter umarmte mich erst mal freudig, vielleicht auch weil ihr aufgegangen ward, dass ich sie nicht gleich ins Lager schleppen werde und so dinierten wir irgendwas mit Schwein. Es folgten auch die Pflichtunterhaltungen und ich war froh, dass James jung und gamig ist und ich mich mit ihm über seine XBox unterhalten konnte und so leidlichen Fragen über Beziehungsstatus und Blutsspendeausweis entgehen konnte. Mels Mutter war dann noch unglaublich nett, weil sie nicht wusste, ob es mir was ausmachen würde, in Pokémon-Bettwäsche zu schlafen, weil das die einzige gewesen sei, die grade frisch wäre und ich dachte an die vielen Pokémon in meinen Kursen und fühlte mich gleich wie daheim.
Als Abschluss des Abends gingen wir noch auf ein kurzes Bier in Mels Jugendpub um die Ecke und verkrochen uns dann ins Bett bzw. aufs Sofa, wo Mel in dem Hexenhäuschen nächtigen musste.

Das muss man an dieser Stelle ja mal im Detail erzählen. Mels Familie, die Schieles, wohnen mitten im guten Teil Londons und zahlen bestimmt ein Haidengeld für das Haus. Dieses besteht nun aus einem mittelgroßen Wohnzimmer, in dem zwei Sofas und ein Tisch Platz finden, einem Esszimmer, einer normalen Küche und wenn man die Treppen hochgeht aus drei Zimmer, die als Schlafzimmer genutzt werden und einem Bad. What the hell? Die wohnten da lange Zeit zu fünft und die beiden Mädels haben sich ein Zimmer geteilt. Zudem hört JEDER im Haus JEDEN im Haus, wenn er kotzt oder Sex hat oder beides gleichzeitig macht. Da würde ich wahrscheinlich verrückt werden, zumal die Eltern dann doch ein wenig eigen sind. Also nicht böse gemeint, aber die beiden jungen Kinder werden dann doch sehr angehalten, was zu tun ist und was nicht. Immerhin darf James mit seinen 16 Lenzen dann doch alle Spiele uncut spielen und es finden sich fast nur 18er-Titel in seinem Repertoire, was mich freute, da ich schon immer mal Red Dead Redemption anzocken wollte.
So ging es ins Bett und im neuen Eintrag weiter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen