Sonntag, 7. November 2010

Debattieren bis zum Tod

Was mich da geritten hat, weiß keiner so genau.

Gestern war ich von 8 Uhr morgens bis abends beschäftigt im Namen des Debattierclubs. Ich fühlte mich irgendwie verantwortlich, weil ich bei den letzten zwei Turnieren an den letzten zwei Wochenenden nicht dabei war und so gab ich bei der letzten Sitzung bekannt, dass ich gerne aushelfen würde. Damit hatte ich mir dann Rennerei, Augenringe bis zum Bauchnabel, Kopfweh und sechs Kopfwehtabletten eingebrockt.

Wir hatten also ein sogenanntes IV mit Durham. Ich habe keine Ahnung was ein IV genau sein soll und übersetzungstechnisch bin ich gescheitert. Was ich durch den Kontext der Veranstaltung aber mitnahm war, dass wir Durham geholfen haben, ein Turnier auf die Beine zu stellen und das bei uns in der Uni  abgehalten haben. So kamen verschiedene Leute aus aller Orten zusammen, um über Dinge wie zum Beispiel "Dieses Haus ist dafür, Personen zu erlauben, sich in Sklaverei zu begeben" oder "Politischer Aktivismus schadet der Homosexuellenbewegung" zu debattieren. Also alles Debattierung auf hohem akademischen Niveau.

Irgendwann wurde ich dann überredet, ein paar Teams bei mir übernachten zu lassen, so dass ich John und keine Ahnung aus Glasgow und Matthew und Rosie aus Sheffield bei mir hatte. Nach dem Debattieren gingen wir dann erst mal ins Westcoast, um was zu essen und ich habe noch nie einen Caesar Salad mit Sardinen entdeckt, aber es schmeckt auch grenzenlos widerlich und passt weniger als Fäuste auf Augen.

Danach brachte ich Matthew, John und keine Ahnung zu mir; Rosie wollte in der Stadt bleiben, weil sie sich direkt danach mit einem Freund treffen wollte.
Ich hatte derzeit arge Befürchtungen.
Zwei Jungs aus Schottland.
Da dachte ich gleich an Stahllebern, rauhe Gesänge und Pöbeleien mit den Nachbarn. Nichts von alledem  gabs, das kann ich gleich mal vorwegnehmen.
Wir fuhren also zu mir und luden das Gepäck der Jungs ab, um dann in der Küche zu sitzen und uns über deutsche Politik zu unterhalten. Eines meiner Lieblingsthemen bevor ich ausgehe, weshalb meine Laune auch dementsprechend an einem Höhepunkt angekommen war. Ich betete da noch, dass sich die jungen Herren so fein abschießen würden, dass sie bereits im Gang einschlafen und mir damit wenig Stress bereiten würden.
Matthew wollte eh bei uns bleiben. Er trinke nicht und habe ein paar Bücher dabei, was mich erst mal zwei Minuten Bedenkzeit kostete, um diese Information zu verarbeiten. Ein Engländer der nicht trinkt? Das gab es noch nie und ich hoffe auch, dass es das so schnell nicht wieder geben wird.

Nachdem die beiden Mädels (Mel und eine Freundin aus London) dann irgendwann gerichtet waren, fuhren wir zu fünft wieder in die Stadt, um uns mit den anderen Leuten des Debattierclubs zu treffen.
In der grauen Gans leerte ich mir dann erst mal angenehm einen rein und unterhielt mich mit diversen, anweseden Leuten, um daraufhin wieder im Gate zu landen, wo wir eine neue Bar betraten. Hier war das Bier sehr teuer und irgendwann fand ich dann unsere Gruppe auf der Straße wieder, bestehend aus Mel, Rosie, Mels Freundin und mir und wir traten im Taxi den Heimweg an.

Dort angekommen saßen wir eine Weile in der Küche beisammen, bis ich einen Anruf von John erhielt, der eingelassen werden wollte. Seinen Debattierkollegen hatte er auf dem Weg verloren, da dieser etwas aufgerissen hatte.
Genauer gesagt  übernachtete er nun bei einem jungen Mann, was dann die Vermutung nahebringt, dass er gerne am eigenen Ufer die Angel auswirft.
Damit habe ich als toleranter Mensch grundgelegend kein Problem, aber in meinem Haus in Neukassel gilt die Regel: "Keine homosexuellen Aktivitäten, wenn nicht eine Frau dazwischen steckt". Gut also, dass das nicht bei uns daheim passierte, weil jeder sehr mit schlafen beschäftigt war. Trotzdem irgendwie beunruhigend. Da kommt einer zu uns nach Hause, geht ein mal mit uns aus und reißt gleich jemanden auf. Wir wohnen hier alle schon eineinhalb Monate und von uns hat noch niemand so wirklich jemand aufgerissen. Nur Sam bringt ab und an mal Herren nach Hause, aber ich glaube, die spielen dann nur Karten.

Ich war betrunken, die Neuankömmlinge fertig vom Debattieren und Alkohol und so ging meine erste Nacht mit Fremden erstaunlich zivilisiert über unser Bühne. Nicht mal Gläser wurden geworfen oder die Wii geklaut.

Schade, Aktion wär mal wieder gut.

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