Mittwoch, 29. September 2010

Einführungswoche, Tag 3 und die Nachbarschaft wird brennen

Heute ging es recht spät in die Universität, zwei Uhr, um genau zu sein und in meinem Handgepäck trug ich einen kleinen Kater mit mir, den ich am Vorabend in einer Bar gefunden hatte. Dementsprechend matschig sprang ich aus der Tür, lederbeschuht, man hört ja auf die Mutter, und trat meinen Weg zur Uni an.

Auf dem Weg dorthin passierte nichts ungewöhnliches und auch der Tag an sich ist nicht außergewöhnlich spannend, doch IN der Uni hatte es dann stellenweise doch in sich. Erstens ist der sogenannte "Head of the Office", seines namens Liviu, ein recht illustrer und interessanter Charakter und ich kann momentan noch sagen, dass es mich freut, dass er mein Tutor geworden ist. Das könnte sich auch berufstechnisch noch mal als wichtig erweisen, da er nicht einfach irgendein Professor ist, sondern bei meinen Referenzen als Lehrstuhlleiter aufgeführt wird. Nice one, würd ich sagen. Nun haut Liviu in jeder Vorlesung teils gewollt, teils jedoch ungewollt und das sind auf jeden Fall die netteren, Witze heraus.

So erfuhr ich also, zweitens, dass die Uni einer Apple Invasion den Riegel vorgeschoben hat und alle Arbeiten, die im OpenOffice-Format eingereicht werden, automatisch mit einem "Fail" benotet werden. Feine Sache das, wenn man als Wichserkonzern schon kein Flash nutzen mag. Das hat man nun davon, Newcastle mag Flash eben. Dann aber fing der Spaß so richtig an.

Alle Personen, die ein Visa benötigen, um im Vereinten Königreich gastieren zu können, haben (und nun kommt der Kracher) insgesamt im Studienjahr SECHS Mal vorstellig zu werden und mit Ausweis und Unterschrift zu garantieren, dass sie sich in Newcastle befinden. Des Weiteren wird auf diese Individuen ein besonders Augenmerk gerichtet, wenn es um die Anwesenheit in der Vorlesung geht. Da siehste mal, Mexico, einfach strenge Kontrolle in der Uni, statt irgendeine archaische Border Patrol. Die Briten wollen eben, dass ihre Steuergelder nur für arbeitslose Briten draufgehen.

Was mich grade zu einem erstaunlichen Exkurs bringt: So weit ich es bisher beurteilen kann, gibt es sehr wenige Obdachlose in Newcastle. Ich glaube ganz fest, dass das etwas mit den unglaublich hohen Alkoholpreisen zu tun hat. Wie soll sich so ein Subjekt denn im Winter warm halten, wenn die Flasche Wein bei 8 Euro beginnt?

Ein anderer, noch erstaunlicherer Exkurs ist, dass ich gerade eben vor ungefähr fünf Minuten von meinem Nachbar dazu aufgefordert wurde, doch vor auf die Straße zu kommen, wenn ich denn ein Problem mit ihm habe. Die Geschichte bedarf eines kurzen Ausholens, denn ich stand, nichtsahnend in der Tür, die hinaus in den Hinterhof führt und zog ahnungslos an meiner Zigarette. Meine Mitbewohner Fiona und Mark saßen in der Küche und wir führten eine Unterhaltung. Im Nachbarhinterhof hörte ich eine Stimme und ich dachte mir, dass einer unserer Nachbar sich gerade im Hinterhof aufhält. Ich hörte nach kurzer Zeit auch ein Klickgeräusch und es klang, als hätte er sich gerade eine Zigarette angezündet. Um zu ermitteln, woher das Geräusch am und ob irgendwer aus dem Fenster raucht blickte ich nach oben und zur Mauer herüber, konnte aber nicht ausmachen, wo die Quelle des Geräusches ihren Ursprung hat. Gleich darauf vernahm ich ein "Fuck off" und ich schlussfolgerte, dass zwei Nachbarn gerade eine Unterhaltung hatten, als das Fenster im ersten Stock erst aufgemacht und dann wieder einen Spalt geschlossen wurde. Wie sich nun gleich herausstellte, war Verusacher der Worte unser Nachbar, der sich von unser Unterhaltung gestört fühlte und mich mit feinen Sätzen und Worten wie "Wenn du ein Problem hast, komm halt rüber", "ich hab genau gesehen, wie du geschaut hast wer mit dir redet und extra weiter laut warst", "ich hab dich mehrmals aufgefordert" und ähnlichem bewarf. Während dessen trat Fiona in die Tür um schlichtend einzugreifen, aber der Nachbar war psychisch so gestört, dass er gar nicht zuhörte. Fiona versprach schließlich, dass wir sofort ins Haus gehen würden und er in Zukunft nicht mehr gestört werden würde, was er freundlich mit "Oh er wird still sein", quotierte. Na so macht Zusammenleben in einer Straße doch richtig Spaß! Morgen wollen wir uns offiziell entschuldigen und das Missverständnis aus der Welt schaffen, so jedenfalls Fionas Plan. Ich werde da leidlich assistieren, da ich kein böses Blut will. Jedenfalls nicht gleich am Anfang, aber wenn Briten keine schallisolierten Fenster bauen können, dann ist das nicht mein verdammtes Problem. Zusätzlich war von der sprichwörtlichen Höflichkeit bei diesem Menschen auch nicht grade viel herauszusieben, so dass ich ihn nun mit dem Prädikat "Arschficker" abgestempelt habe.
Ich bin gespannt wies weitergeht, wir kennen ja die Nachbarstreits im Osten der Republik.

Schöner war es da doch in der Uni, weil ich erspähte, dass eine der Studentinnen ganz ehrlich und echt mit ihrer Mutter in der Vorlesung sitzt. Nicht etwa, weil beide studieren, sondern weil die Mutter mit aushilft. Brilliant kann ich sagen, so gibts wenigstens nicht jeden Tag Pizza oder Nudeln mit Soße.

Dann gab es noch einen kleinen Zusatz zu den Pokémonmenschen zu sehen: Unser Lektor gab drei verschiedene Modulwahlblätter aus. Jeweils für den jeweiligen Kurs bestimmt. Nun sind Pokémonmenschen allerdings von Natur aus gierig und Horter, so dass diese Tiere jedes Blatt behalten haben, unabhängig davon, ob es nun zu ihrem Kurs gehört oder nicht. Wunderbar, wer nicht lesen kann ist hier scheinbar von Vorteil!

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