Donnerstag, 27. Januar 2011

Wie ich mich neulich bei der Titanic beworb

Sehr geehrte Damen und Herren des endgültigen Satiremagazins,
Ich schreibe Ihnen dieses Schreiben aus eigener Initiative heraus, um mich bei Ihnen auf eine Stelle zu bewerben, die Sie so nicht ausgeschrieben haben. Spontanbewerbung nennt sich das und deshalb werden Sie nun innerhalb der nächsten Buchstaben herausfinden, warum Sie mir Geld und Hilfe für eine Leistung geben sollen, welche Sie so gar nicht auf ihrer Planungskarte hatten.
Wie es sich für eine Bewerbung gehört, liste ich die prägnantesten Fähigkeiten oder neudeutsch „Skills“ auf, die ich mir im Internet bisher so angeeignet habe und die Ihnen dienlich sein werden und erzähle Ihnen auch unnötigerweise, was ich beruflich für Kapriolen fabriziere.
Aktuell betreibe ich, unter dem Deckmantel des Studenten der Medien und PR, Hochstaplerei in England in einem zweijährigen Masterstudium.
Davor bin ich in der Schnöselschmiede der Zeppelin Universität zu einer Wunderwaffe der Kompetenzsimulation und Simulationskompetenz ausgebildet worden. Zu meinem eigenen Bedauern habe ich aufgrund dieses Stahlwerks aber auch ein Praktikum im Bereich des Journalismus abgefeiert; mit der Konsequenz, für diesen Arbeitgeber noch weitere eineinhalb Jahre zu arbeiten, um mir das teure Leben unter Unternehmerskinder leisten zu können und nicht als Arbeiterkind aufzufallen. Das wäre der gesellschaftliche Genickbruch für mich gewesen und ich wollte nicht mit Champagner bespritzt in den Vorlesungen sitzen, während das Sprudelwasser auf meinen ALDI-Laptop tropft; Geld für ein Mac Book Pro gab es bislang keines.
Ich habe weitere Praktika unternommen, die aber für mein Anliegen keinerlei Rolle spielen und welche ich Ihnen aus diesem Grunde geheimnisvoll verschweige.
Insgesamt biete ich Ihnen ein Rundumsorglospaket aus Überheblichkeit, Selbstüberschätzung was meine Schreibe angeht, keinerlei moralischer Bedenken gegenüber Minderheiten, Migranten oder Michael Ballack mit seiner miesen Flugscheißwerbung. Ich bin dank der ZU integer und angepasst und kann mich gut unterordnen, wenn ein Rüde mehr Haare auf der Brust hat als ich.
Konkret wär ich gerne Freelancer oder sowas bei Ihnen. Ich weiß ja nicht, was Sie überhaupt anbieten, da ich mich ja auf eine Stelle bewerbe, die es gar nicht gibt. Sonst erfinden Sie doch einfach eine für mich.
Falls Sie Leseproben oder sonstige Meilensteine meines Lebens benötigen, teilen Sie mir dies bitte mit und ich werde Ihnen umgehend etwas zusenden. Um meinen tiefen Wunsch zu verdeutlichen hänge ich aber auch meinen Lebenslauf mit an, damit nicht nur Schall und Rauch bestehen.
Ab nun warte ich also brav vor meinem Postfach und rufe sekündlich meine Emails ab, um herauszufinden, ob denn da was von Ihnen kommt, wie zum Beispiel eine Einladung oder etwas ähnlich schönes.
Bis dahin verbleibe ich hochachtungsvoll mit freundlichen Grüßen,
Hannes Dienel
P.s.: Meine Freunde haben meine Bewerbung gelesen und fanden die Teile, die sie verstanden haben auch voll total gut. Nur, daß Sie das wissen.

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