Mittwoch, 31. August 2011

Radio Gaga

Wer in Deutschland Radio hört, der wird sich die Frage, wie Hitler in Deutschland die Macht "ergreifen" und behalten konnte, wie Abermillionen Juden, Roma, Freigeister den KZs der Nazis zum Opfer fielen, nicht weiter stellen. Nicht stellen müssen!
Ach, wer in Deutschland radiot, der stellt sich nichts. Außer ein Bein.

Radio in Deutschland ist Demagogen entsprungenes Diabolikum. In keinem anderen Bereich des öffentlichen Interesses herrscht soviel Stagnation wie hier, nicht mal der CSU. Selbst wenn die Elbe oder der Rhein komplett austrocknen würden, wären diese immer noch die Autobahn des Reiches, verglichen mit den abstrusen Beiträgen, die da dem Hörer in die Ohrmuschel dreschen.

Meines Zeichens derzeit Ferienhilfe in einem Betrieb am Bodensee, welchen man nicht weiter nennen muss, um der Geschichte Sinn zu geben (MTU aka. Tognum), fröne ich nun einer 35 Stundenwoche in Begleitung von Radio7.
Seit ich diesen Sender höre, besser gesagt aufgedrängt bekomme, weiß ich nun, dass ich im Radio7-Land wohne. Das klingt auf den ersten Hörer nach Einigkeit, Recht, Spaß und dergleichen und total coolem Gruppengefühl mit Gruppenduschen, aber es endet im Matsch und der Karren wird nicht mehr herauskommen.
Nie wieder.
Ich möchte nach sieben Stunden am Tag mit diesem Sender auch gar nicht mehr im Radio7-Land wohnen, aber ohne Umzug oder Wechsel des Senders wird es in diesem Fall leider keine Absoultion geben.

Radio7 ist, wie die meisten Radiosender, ein Zusammenschluss von schlechten Moderatoren bzw. schlechten Redakteuren, welche die Tage mit belanglosen "Informationen" füllen und nebenbei "noch mehr von heute spielen", wobei sich dies auf Stumpfsinnigkeit à la carte beschränken lässt. Von "heute" ist Musik, die Leute wie geschnitten Brot kaufen. Wo alles gleich klingt. Glattgebügelt und zaghaft und mit widerlichen Texten von Liebe und Supermädchen und schönen Tagen '69.

Der Tag beginnt mit der Morning Show "Scheiter & Jack", zwei abgehalfterten Moderatoren, die einem beizubringen versuchen, dass ihr Aufgebären jeden Morgen der "witzigste Morgen" sei. Es sei soviel gesagt: Wenn dies der witzigste Start aller Zeiten in den Tag ist bzw. sein soll, dann möchte ich lieber eines Tages um halb 7 erwachen, mein Haus brennt, meine Frau wurde von Fundamentalisten vergewaltigt, mein Sohn zerstückelt und meine Tochter zu Möbeln verarbeitet, während ich merke, dass die McDonalds-Pommes doch besser, als die Fritten von BurgerKing sind. DAS wär ja noch witziger!!!
Dröge Witze auf Kosten der Bahn oder Phillip Lahms sind weder lustig, noch neu, noch tragen sie in irgendeiner Weise zu einer Verbesserung der Situation, sprich, der Arbeit, bei.
Wenn die Moderatoren sich nicht grade im Wetterstreik befinden, weil das Wetter so schlecht und so "ach unsommerlich" ist oder sich in der nächsten Woche über die heißen Temperaturen beschweren (Wetter geht ja immer, weil das jeder hat und jeder kennt), spielt der Sender von oben nach unten die Arschlochcharts der Weltgeschichte.
Die Krone wird dem nun aufgesetzt, indem der sogenannte Sommerhit 2011 "Mr Saxobeat" von Alexandra Stan stündlich abgefeuert wird, da Radio7, allen anderen deutschen Sendern voraus, die geldgeile Schlampe für ein Spezialkonzert gewinnen konnte. So wird nun jede Stunde eine Riesengeschichte aus Freikarten geschrieben, die man nur erhält, indem man kostenlos beim Sender durchruft, den Sender und die Interpretin über eine ganze Wagenladung voll Klee lobt oder "etwas lustiges bei Facebook" postet. Damit sichert man sich schließlich einen Platz an der Sonne bei einem Exklusivkonzert, wo die "Sängerin" unter anderem lebenseinschneidende Weisen wie "You make me this, bring me up, bring me down, play it sweet" lamentiert und schließlich von einem schlitzohrigen jungen Mann erzählt, welcher im nächsten Satz auf einmal schüchtern geworden ist. Solch Ambivalenz, die kann grad mit Kant schwafeln über ihre Lebensweisheiten.
Die Sendeleitung vergisst diesunter auch nicht halbstündig O-Töne einzuspielen, in denen Konzertbesucher berichten, wie "geil und toll" dieses Konzert mit der Grenzdebilen gewesen sein soll, welche pro Lied durchschnittlich 20 verschiedene Wörter verwendet.
Auch das restliche Aufgebot an Liedkultur wird keinem Bildungsauftrag gerecht, unter anderem wenn der Sänger von "Sunrise Avenue" beschreibt, dass er die Hollywood Hills das letzte Mal gesehen hat und ewiges Ade wünscht, um dann wenig später zu beschreiben, dass man sich bestimmt bald wieder sieht. Ich will doch auch nicht Vegetarier sein, wegen den Tieren, weil das denen ja weh tut, wenn ich die esse und dafür laufe ich nachts dann auf Weiden rum und knüppel Kühe mit nem Stock!

Währenddessen rufen fleißig Unterschichtler beim Sender an, um etwaige Blitzer zu melden oder weiter zur Lobpreisung des Senders beizutragen und man glaube es bitte: So viele Anrufe wie Radio7 als O-Ton schaltet kann der Sender seit seinem Bestehen gar nicht faken.

Was nun den Kreis schließt und uns erkennen lässt, dass es arbeitende Bevölkerung gibt, die so nahe am Prekariat gebaut ist, dass sie nicht nur den Sender mit seiner grottentiefen Musikbeschallung ertragen kann, sondern indes sogar so vom Konzept überzeugt ist, dass der- oder diejenige sogar zum Hörer greift, wählt und anschließend Besalbungen in den Hörer ruft. Damit lässt sich nun sowohl die Politikverdrossenheit, als auch die diskutierte Abschaffung der Hauptschule erklären (wo sollen denn die ganzen Assis dann hin? So viel Platz ist vor Bahnhöfen und an Bushaltestellen doch gar nicht) und das Ozonloch steckt da auch irgendwo noch mit drin.

Da muss man sich über politische Entscheidungen mitunter gar keine Gedanken mehr machen, weil dies nur zeigt, dass die Masse(= der Radiohörer) gar nicht bereit ist, Geschehen abseits des Blitzers beim Freibad bzw. die Entscheidung, ob ein Tunnel nun den Namen Bud Spencer bekommt, zu verstehen. Klar, sich drüber aufregen geht immer, aber Zusammenhänge sieht der Einzeller vor lauter sexy Bitches nicht.

Die SWR3-Hörer müssen sich nun gar nicht freuen. Euer Sender ist mindestens genauso beschissen.

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